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Gehörst du auch zur Band?

Von Vanessa Lange

Foto: Cabot Pictures

 

„Gehörst du auch zur Band?“ fragt mich der Typ hinter der Bar, als meine Bandkollegen und ich „Bandbier“ bestellen. Das gab es nämlich umsonst, wenn man spielt. 

 

„Ja ich gehöre dazu, obwohl ich eine Frau bin.“

 

Irgendwie ist diese Unterhaltung unvorstellbar, aber das passierte wirklich so. Keiner hat Bock, darüber nachzudenken, ob das eigene Geschlecht eine Rolle spielt. Und für uns als Band tut es das auch wirklich nicht. Dennoch muss ich zugeben, dass es mich und meine Haltung in der Musikszene beeinflusst.

 

2017 gab es endlich die Möglichkeit für mich, Musik zu machen. Seit Jahren hegte ich diesen Wunsch, aber es kam einfach nie dazu. Wahrscheinlich auf Grund von Umzügen, aber mit Sicherheit auch auf Grund von meiner Angst. 

 

Ich entschied mich dazu, es mit Gesang zu probieren. Ich hatte Lust, Texte zu schreiben und stellte mir das Schreien als Ventil für den Alltag vor. Den ganzen Stress und die Wut raus zubrüllen. Das tat ich dann auch. 

 

Und ich war unzufrieden. Meine Stimme fand ich zu hoch, zu krächzend und überhaupt nicht stark genug. Ich hatte eine Wunschstimme im Ohr, die nichts mit der Realität zu tun hatte. Normalerweise hätte ich an dieser Stelle hingeschmissen. Aber meine FreundInnen und BandkollegInnen Jan, Manuel und zu der Zeit noch Linda ermutigten mich, weiter zu probieren. Und so wurde dann meine Unsicherheit auch nicht mehr zum Thema, und wir haben gemeinsam weiter an Songs gewerkelt. 

 

Es gibt viele Menschen in der DIY Punkszene, die bei einer Bandgründung erst lernen, ein Instrument zu spielen oder das erste Mal ein Mikrofon in der Hand haben. Das ist auch gut so. Aber komischerweise lese ich nie von Männern, dass sie Angst davor haben oder sich komisch fühlen. Es wirkt so, als wäre es witziger, wenn Männer auf der Bühne schlechten Punk machen und auch akzeptabler. Das ist lustig, die können nichts und sind total betrunken. Doch wir Frauen* fühlen uns beobachtet und als müssten wir abliefern, um ernst genommen zu werden. 

 

Als wir dann die ersten Male auf der Bühne standen, dann schon mit Patrick am Schlagzeug, war diese Unsicherheit vergessen. Ich war natürlich nervös, und das ist heute auch noch so, aber auf der Bühne fühlt sich alles richtig an. 

 

Der Support unter uns und unter uns Frauen*, die in Bands spielen, ist einfach riesig. Und genau das ist so wichtig. Es ist wichtig, dass wir über unsere Unsicherheit reden und über Fehler lachen können. Und auch über dumme Sprüche. 

 

Jetzt haben wir als Band, Disgusting News, die erste EP namens Fressfeind veröffentlicht.

Jetzt möchte ich das alles nie mehr missen.