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„Das Gefühl des Adrenalins ist episch.“

Impromptu machen Hardrock, der eindeutig aus den 70ern inspiriert ist. Das Besondere daran: Komponist und Gitarrist Wladi, Bassist und Sänger Matze sowie Schlagzeuger und Sänger Clemens kamen wesentlich später zur Welt. Dennoch ist es der jungen Band aus Porta Westfalica gelungen, in Eigenregie ein Album zu veröffentlichen, das jedem Liebhaber des Genres das Herz aufgehen lässt. Fotos: Christoph Droste

 

Welches Konzert habt ihr als Gast zuletzt besucht?

Clemens: Roy Harper in London war gut.

Matze: Am Wochenende war ich auf dem Reggae Jam.

Wladi: Bei mir waren es tatsächlich die Weserlieder, wo ich an beiden Tagen war. Vor allem wollte ich den Auftritt der Band Black Cat Express sehen. An größeren Konzerten sah ich Rainbow in Berlin. Das war eine sehr schöne Erfahrung.

 

Wollt ihr mal bei den Weserliedern spielen?

Wladi: Ja klar. Das einzige Festival, bei dem wir bislang hier in der Gegend auftraten, war das Umsonst & Draußen in Veltheim 2016. In Zukunft wollen wir so oft wie möglich spielen.

 

Seit wann macht ihr Musik?

Clemens: Ich fing mit 14 an, Gitarre und kurz darauf intuitiv Schlagzeug zu spielen.

Matze: Mit 15 begann ich mit dem Singen, kurz danach kam der Bass hinzu.

Wladi: In der Grundschule musste ich Blockflöte spielen. Das war eine Qual und überhaupt nicht mein Ding. Mit zwölf hatte ich zum ersten Mal das Bedürfnis, selbst Musik zu machen. Erst sang ich nur für mich. Mit 15 begann ich, an der Gitarre zu üben. Ein Jahr später war ich in Bands aktiv.

 

Wie sahen die Anfänge von Impromptu aus?

Wladi: Die Band hat ihren Namen seit 2013. Sie besteht aber schon seit 2009. Impromptu ist halt mein Baby. Matze stieg erst im Oktober 2014 ein. Gemeinsam gehen wir die Sache zu 100 Prozent an. Wir proben zweimal pro Woche. Inzwischen haben wir eine gezielte Aufgabenverteilung. Matze kümmert sich hauptsächlich ums Management. Ich bin in erster Linie der Songschreiber. Bei der Aufnahme unseres Albums war Clemens derjenige, der die Produktion leitete.

 

Ist Impromptu eure einzige aktive Band?

Wladi: Ich bin seit circa einem Jahr bei Trotz & Aber.

Clemens: Bei Dialogue, meiner anderen Band, spiele ich hauptsächlich Akustikgitarre, schreibe Songs und singe. Bis vor Kurzem spielte ich dort noch Geige und Mandoline. Es ist alles ein bisschen akustischer, jazzig, folkig, auch wenn Rockeinflüsse vorhanden sind. Dialogue ist mein Versuch, eigene Musik zu machen. Bei Impromptu setze ich mich dagegen meist nur ans Schlagzeug und lege los.

Matze: Ich singe noch bei Pinduc, einem Chor an der Uni Bielefeld. Grob alle zwei Monate nehme ich zudem an einer Jamsession teil. Wir haben aber keine Ambitionen, das an die Öffentlichkeit zu tragen. Es macht einfach nur Spaß, ab und zu ganz ungezwungen Musik zu machen.

Clemens: Bei den Jamsessions und bei dem Chor bin ich auch dabei. Zudem leite ich noch ein fünfköpfiges Gitarrenorchester. Und zu Hause veranstalten wir häufig Fiddle-Abende, wo alle möglichen Instrumente zusammenkommen.

Wladi: Man merkt, warum nur ich die Zeit habe, unsere Songs zu schreiben (lacht).

 

Wo werdet ihr musikalisch eingeordnet?

Wladi: Bei Impromptu werden wir von manchen Leuten als Hardrock, von anderen wiederum als Progressive Rock bezeichnet. Ich finde es komisch, wenn man uns in eine Ecke stellt, weil wir so viele Einflüsse haben.

Matze: Wir bezeichnen uns selbst als Hardrock.

Wladi: Bei uns geht es eben laut und härter zu.

 

Habt ihr musikalische Familien?

Clemens: In meiner Familie lief maximal das Radio. Nur mein Bruder machte bereits vor mir Musik.

Matze: Meine Mutter spielt Gitarre, Klavier und singt. Meine Schwester spielt auch Klavier und singt. Ihre Musik lief schon bei einem kleinen Radiosender in Hannover. Mein kleiner Bruder macht Elektromusik. Mein großer Bruder wollte mal DJ werden.

Wladi: Meine Eltern machen keine Musik. Mein Vater ist allerdings ein großer Musikliebhaber. Wir kommen ursprünglich aus Kasachstan. Dort ließ er sich damals Bänder mit Musik aus dem Westen bespielen, was verboten war. Es gibt Aufnahmen, wo ich als Zwei- oder Dreijähriger im Zimmer meiner Eltern im Kreis rumlaufe und Metallica und Queen höre. Schon damals merkte ich, dass ich verzerrte Gitarren liebe.

 

Woher kommt eure Begeisterung für alte Bands wie Led Zeppelin und Black Sabbath?

Matze: In meinen wilden Teenagerjahren hörte ich viel Metal. Irgendwann forschte ich nach, woher deren Einflüsse stammen. So kam ich unter anderem auf Black Sabbath, die ich großartig fand. Seitdem stehe ich total auf die Hardrock- und Acid-Rock-Geschichten aus den 70ern bis heute. Ich höre allerdings nicht nur alten Kram.

Wladi: Meine erste Band spielte Thrash und Death Metal. Dann hörte ich irgendwann Led Zeppelin. Was mich an der Band am meisten begeistert, ist der Blues. Dieser Einfluss im 70er-Jahre Hardrock macht den Unterschied zum heutigen Hardrock. Die Bands damals improvisierten viel auf der Bühne. Sie hatten einen Groove und produzierten ihre Alben echt und roh. Ihre Musik wurde nicht überproduziert, wie es heutzutage teilweise der Fall ist. Vor allem hat mich schlicht und einfach ihre Musikalität begeistert. Heute habe ich das Gefühl, dass die ersten Songs eines Albums einer Mainstream-Durchschnittsband gut sind, danach wird’s langweilig. Bei den Bands von früher, für die ich mich begeistere, ist das nicht der Fall. Jeder Song ist anders. Die Alben sind zudem schön kurz: 30 bis 40 Minuten. Mehr braucht man nicht. Ich kann meine Begeisterung schwer beschreiben. Das erste Mal Led Zeppelin zu hören, war einfach eine Erleuchtung. In dem Moment wusste ich, dass ich so was auch machen möchte.

Hast du noch mehr Inspirationen?

Wladi: Grunge ist nach wie vor ein großes Ding für mich. Zudem höre ich ganz viele Metalarten. Ich kann mich aber auch für Akustikgitarren und Singer-Songwriter begeistern.

Clemens: Ich mag so ziemlich jede Musikrichtung. Meine Einflüsse ziehe ich überall her. Was das Schlagzeug und die Rockmusik betrifft, ist tatsächlich Led Zeppelin der größte Einfluss.

Wladi: Led Zeppelin ist wohl die einzige Band, auf die wir uns alle sofort einigen können.

 

Worauf habt ihr bei der Produktion eures Debütalbums „Impromptu“ Wert gelegt?

Wladi: Mir persönlich war es beim Songwriting sehr wichtig, dass kein Song klingt wie der andere. Außerdem legten wir darauf Wert, dass unsere Songs modern klingen.

 

Ihr habt 2 1/2 Jahre an eurem Album gearbeitet. Würdet ihr alles noch mal so machen?

Clemens: Jetzt würde alles viel schneller gehen.

Matze: Für uns war es totales Learning by Doing. Zu 95 Prozent arbeiteten wir zu dritt daran. Keiner von uns hatte vorher ein ganzes Album aufgenommen.

Wladi: Ich würde es noch mal so machen, wenn dabei wieder so ein geiles Ergebnis rauskommt. Ich finde, wir haben das Album richtig gut produziert. Es gab hier und da Rückschläge, beispielsweise abstürzende Rechner. Als wir das Ergebnis hörten, war es im Endeffekt all die Mühe wert. Es war für uns ein guter Lernprozess. Wir haben so manches vermieden, was bei heutigen Produktionen gemacht wird. Darüber bin ich glücklich.

 

Was habt ihr bislang an Feedback erhalten?

Wladi: Bislang nur Positives. Ich hörte, dass manche nichts mit den Balladen anfangen konnten. Das finde ich in Ordnung. Ich bin einfach froh, wenn wir gehört werden. Ich habe nichts Negatives gehört, weiß allerdings auch nicht, ob Leute das Negative vielleicht einfach nicht aussprechen. Wir sind offen für Kritik.

Matze: Ein Kumpel fragte mich, ob wir die Songs in der Reihenfolge aufgenommen haben, in der sie auch auf dem Album erscheinen. Er hatte den Eindruck, je weiter man sich durchhört, desto fertiger, erwachsener und durchdachter klingt es.

Clemens: Das empfinde ich tatsächlich auch so.

Wladi: Die Songs entstanden komplett unterschiedlich. Die ersten Stücke schrieb ich bereits vor zehn Jahren.

Clemens: Am Anfang eines Albums will man normalerweise überraschen oder irgendwas Ungewöhnliches hinsetzen. Etwas, das nicht ins Konzept passt. Am Ende ist man schon mehr „drin“. Man wird in Bahnen gelenkt und dann wirkt es auch anders auf den Hörer.

Wladi: Ich habe von den Alben unserer Lieblingsbands gelernt. Spätestens der zweite Song muss den Zuhörer packen.

Matze: Mit dem ersten werden alle abgeschreckt, die sowieso nicht auf die Band stehen (lacht). Mit dem zweiten wird der Rest mitgenommen.

Wladi: Du musst zudem die richtige Dynamik dazwischen haben. Wenn du vier Rocksongs und dann zwei, drei Balladen hintereinander packst, macht das keinen Sinn. Unsere Live-Erfahrung spielte bei der Reihenfolge der Songs eine wichtige Rolle. Für mich muss ein Album wie ein perfektes Livekonzert aufgebaut sein.

 

Könnt ihr euer Albencover erklären?

Wladi: Man sieht darauf ein kleines Mädchen, das die Großtante des Gestalters Christoph Droste ist. Als wir begannen, das Album aufzunehmen, dachte ich gleich, dass er super als Covergestalter wäre.

Matze: Er zeigte uns mehrere Vorschläge, und wir konnten uns auf diesen Entwurf einigen. Es war eine intuitive Entscheidung. Mir gefiel, was das Bild mit dem frech grinsenden Mädchen, das sich Weintrauben in den Mund steckt, ausdrückte. Sie hat einen rebellischen Ausdruck.

Wladi: Ich musste dabei an Nirvanas „Nevermind“ mit dem Baby auf dem Cover denken und fand es einfach toll.

War es euch generell wichtig, eine CD zu veröffentlichen?

Matze: Auf jeden Fall.

Wladi: Ich höre selbst Musik ausschließlich auf CDs und Platten. Neue Bands entdecke ich auf YouTube.

Matze: Wir machen in erster Linie Musik für Leute, die ganze Alben hören.

Clemens: Das ist ein entscheidender Punkt. Wenn ich Musik konsumiere, höre ich ein Album von vorne bis hinten durch. Ich käme niemals auf die Idee, Lieder von verschiedenen Alben oder sogar Bands durcheinander zu shuffeln.

Wladi: Ein Album ist ein Gesamtwerk und so wird es von uns auch gesehen. Wenn ich mir die Mona Lisa anschaue, gucke ich mir nicht ihre Hand an, sondern das ganze Bild. Das Internetzeitalter hat sehr viele Vorteile mitgebracht, aber einer der Nachteile ist, dass das Album als physisches Medium ein bisschen verloren gegangen ist. Musikfans kaufen sich trotzdem weiterhin Alben, keine Frage. Ich finde es im Übrigen idiotisch, wenn Leute der Meinung sind, dass Alben aus YouTube herausgenommen werden müssen. Musik sollte für jeden zugänglich sein.

Matze: Unser Album findet man deswegen überall, sogar auf Seiten, von denen ich noch nie etwas gehört habe. Wir wollen möglichst viele Leute erreichen.

 

Verratet ihr, wofür die Abkürzung eures Tracks „G. O. K. S.“ steht?

Clemens: Das verraten wir nicht. Das schürt die Gerüchte und bringt die Leute zum Nachdenken. (lacht)

Wladi: Wir wollen an sich nicht zu viel zu den Songs sagen. So bleibt mehr Interpretationsspielraum. Ich mag es, wenn sich die Leute damit beschäftigen und für sich was in den Songs sehen. Den Beatles Song „Helter Skelter” hatte ich beispielsweise auch für mich interpretiert. Zuletzt erfuhr ich leider, dass der Song einfach nur von einer Achterbahn in Großbritannien handelt. Das zerstörte meine Interpretation. Wenn Leute unsere Lieder hören und vielleicht die Texte lesen, mag ich es, wenn sie diese für sich selbst interpretieren. Manches ist offensichtlich, anderes kryptisch.

 

Habt ihr schon was Neues in Arbeit?

Wladi: Circa ein halbes Album steht.

Matze: Doch unser Fokus liegt jetzt bei Konzerten und darauf, möglichst viele CDs zu verkaufen. Unser letztes Konzert ist fast zwei Jahre her.

Wladi: Liveauftritte sind die beste Werbung für eine Band.

Matze: Und sie machen am meisten Spaß.

Wladi: Das Gefühl des Adrenalins auf der Bühne ist episch.

 

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Review zu Impromptu – Impromptu

Im Sommer besuchten wir das „Krach am Bach“ Festival in Beelen, wo sich Stoner und Psychedelic Bands aus unterschiedlichen Ländern die Klinke in die Hand geben. Als die Band Impromptu uns kurz darauf um eine Rezension zu ihrem neuen Album bat, ahnte ich noch nicht, dass mir der Durchgang ein heftiges Déjà-vu verpassen würde. Impromptu würden so gut in das Line-up passen, dass ich sie vor meinem inneren Auge bereits auf einer der Bühnen habe stehen sehen. 

 

Die Hardrocker aus Porta Westfalica verstehen ihr Handwerk. Das eine oder andere Riff mag einem bekannt vorkommen, aber das fällt kaum ins Gewicht. Impromptu machen auch kein Geheimnis draus, dass sie sich von Alternative Bands oder auch Led Zeppelin inspirieren lassen. Und welcher Künstler ist nicht laufend auf der Suche nach Inspiration? Aus diesem Mix entsteht aber ein Album, das zwar Erinnerungen an diverse Bands weckt, aber auch vollkommen eigenständig wirkt. Mal groovig krachend, dann wieder melodisch langsam. Manchmal so trocken, dass man eine weite Wüste vor Augen hat und dann wieder rockig, dass man sich auf einem Konzert mitten im Publikum sieht. Den überschwappenden Bierbecher headbangend in die Höhe haltend. Impromptu machen vielleicht nicht viel Neues, reihen sich mit ihrem Album aber perfekt in die derzeitige Welle von Bands ein, die sich vom Sound der 60er und 70er inspirieren lassen.

(Thomas Williams)